Вальпургиева ночь
Книга для чтения на немецком языке
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Тематика:
Немецкий язык
Издательство:
КАРО
Автор:
Майринк Густав
Год издания: 2021
Кол-во страниц: 224
Возрастное ограничение: 16+
Дополнительно
Вид издания:
Практическое пособие
Уровень образования:
Дополнительное образование
ISBN: 978-5-9925-1445-2
Артикул: 749370.02.99
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Густав Майринк — австрийский писатель-экспрессионист. Работал в жанре «черного романтизма», продолжая традиции таких писателей, как Эдгар По, Шарль Бодлер, Оскар Уайльд. Действие романа «Вальпургиева ночь» разворачивается в Чехии. Прага становится местом столкновений немецких бюрократов, находящихся в осаде в старинном замке над рекой Влтава, и чешских революционеров, занявших город внизу. История, миф и политическая реальность переплетаются в эпизоде, когда восставшие штурмуют замок, чтобы короновать бедного скрипача, «Императора мира».
В предлагаемой вниманию читателей книге приводится неадаптированный текст романа на языке оригинала с комментариями и словарем.
Тематика:
ББК:
УДК:
- 3728: Методика преподавания отдельных учебных предметов
- 811112: Другие западногерманские языки. Немецкий язык
ОКСО:
- ВО - Бакалавриат
- 45.03.01: Филология
- 45.03.02: Лингвистика
ГРНТИ:
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GUSTAV MEYRINK WALPURGISNACHT
ISBN 978-5-9925-1445-2 © Антология, 2021 © КАРО, 2021 М14 Майринк, Густав. Вальпургиева ночь : Книга для чтения на немецком язы ке / Г. Майринк — Санкт-Петербург : КАРО, 2021. — 224 с. (Klassische Literatur). ISBN 978-5-9925-1445-2. Густав Майринк — австрийский писатель-экспрессионист. Ра ботал в жанре «черного романтизма», продолжая традиции таких писателей, как Эдгар По, Шарль Бодлер, Оскар Уайльд. Действие романа «Вальпургиева ночь» разворачивается в Чехии. Прага становится местом столкновений немецких бюрократов, находящихся в осаде в старинном замке над рекой Влтава, и чешских революционеров, занявших город внизу. История, миф и политическая реальность переплетаются в эпизоде, когда восставшие штурмуют замок, чтобы короновать бедного скрипача, «Императора мира». В предлагаемой вниманию читателей книге приводится неадап тированный текст романа на языке оригинала с комментариями и словарем. УДК 372.881.111.22 ББК 81.2 Нем-93 УДК 372.881.111.22 ББК 81.2 Нем-93 М14
DER SCHAUSPIELER ZRCADLO Ein Hund schlug an. Einmal. Ein zweites Mal. Dann lautlose Stille, als ob das Tier in die Nacht hineinhorche, was geschehen werde. „Mir scheint, der Brock hat gebellt“, sagte der alte Baron Konstantin Elsenwanger, „wahrscheinlich kommt der Herr Hofrat.“ „Das ist doch, meiner Seel’, kein Grund nicht zum Bellen“, warf die Gräfin Zahradka, eine Greisin mit schneeweißen Ringellocken, scharfer Adlernase und buschigen Brauen über den großen, schwarzen, irrblickenden Augen, streng hin, als ärgere sie sich über eine solche Ungebührlichkeit, und mischte einen Stoß Whistkarten noch schneller, als sie es ohnehin bereits eine halbe Stunde hindurch getan hatte. „Was macht er eigentlich so den ganzen lieben Tag lang?“ fragte der kaiserliche Leibarzt Thaddäus Flugbeil, der mit seinem klugen, glattrasierten, faltigen Gesicht über dem altmodischen Spitzenjabot wie ein schemengleicher Ahnherr der Gräfin gegenüber in einem Ohrenstuhl kauerte, die unendlich langen, dürren Beine affenhaft fast bis zum Kinn emporgezogen.
Den „Pinguin“ nannten ihn die Studenten auf dem Hradschin 1 und lachten immer hinter ihm drein, wenn er Schlag 12 Uhr mittags vor dem Schlosshof in eine geschlossene Droschke stieg, deren Dach erst umständlich auf- und wieder zugeklappt werden musste, bevor seine fast zwei Meter hohe Gestalt darin Platz gefunden hatte. — Genauso kompliziert war der Vorgang des Aussteigens, wenn der Wagen sodann einige hundert Schritte weiter vor dem Gasthaus „Zum Schnell“ haltmachte, wo der Herr kaiserliche Leibarzt mit ruckweisen, vogelhaften Bewegungen ein Gabelfrühstück aufzupicken pflegte. — „Wen meinst du“, fragte der Baron Elsenwanger zurück, „den Brock oder den Herrn Hofrat?“ „Den Herrn Hofrat natürlich. Was macht er so den ganzen Tag?“ „No. Er spielt sich halt mit den Kindern in den ChoteksAnlagen.“ „Mit ‘die’ Kinder“, verbesserte der Pinguin. „Er — spielt — sich — mit — denen — Kindern“, fiel die Gräfin verweisend ein und betonte jedes Wort mit Nachdruck. Die beiden alten Herren schwiegen beschämt. Wieder schlug der Hund im Park an. Diesmal dumpf, fast heulend. Gleich darauf öffnete sich die geschweifte, dunkle, mit einer Schäferszene bemalte Mahagonitür, und der Herr Hofrat Kaspar Edler von Schirnding trat ein — wie gewöhnlich, wenn er zur Whistpartie ins Palais Elsen 1 der Hradschin — Градчаны, исторический центр Праги
wanger kam, mit engen schwarzen Hosen angetan und den ein wenig rundlichen Leib in einen Biedermeiergehrock von hellem Braun aus wunderbar weichem Tuch gehüllt. Hastig wie ein Wiesel und ohne ein Wort zu verlieren, lief er auf einen Sessel zu, stellte seinen gradkrempigen Zylinderhut darunter auf den Teppich und küsste sodann der Gräfin zeremoniell die Hand zur Begrüßung. „Warum er jetzt noch immer bellt?“ brummte der Pinguin nachdenklich. „Diesmal meint er den Brock“, erläuterte die Gräfin Zahradka mit einem zerstreuten Blick auf Baron Elsenwanger. „Herr Hofrat sehen so schweißbedeckt aus. Dass Sie sich nur nicht verkühlen!“ rief dieser besorgt, machte eine Pause und krähte dann plötzlich in arienhaften Schwingungen in das finstere Nebenzimmer, das sich daraufhin wie durch Zauberschlag erhellte: „Bošena, Bošena, Bo—schenaah, bitt’ Sie, bring Sie, prosim, das Supperläh 2!“ Die Gesellschaft begab sich in den Speisesaal und nahm um den großen Esstisch herum Platz. Nur der Pinguin stolzierte steif an den Wänden entlang, betrachtete bewundernd, als sähe er sie heute zum ersten Mal, die Kampfszenen zwischen David und Goliath auf den Gobelins und betastete die prachtvollen, geschweiften Maria-Theresia-Möbel mit Kennerhänden. „Ich war unten! In der Welt!“ platzte der Hofrat von Schirnding heraus und betupfte seine Stirn mit einem riesigen, rot-gelb-gefleckten Taschentuch. „Und bei der 2 das Supperläh (искаж. англ.) — ужин
Gelegenheit hab’ ich mir die Haare schneiden lassen.“ — er fuhr sich mit dem Finger hinter den Kragen, als jucke ihn der Hals. Derartige auf einen angeblich nur schwer zu bändigenden Haarwuchs abzielende Bemerkungen pflegte er jedes Vierteljahr zu machen, in dem Wahn, man wisse nicht, dass er Perücken trage — einmal langlockige, dann wieder kurzgeschorene —, und immer bekam er auch in solchen Fällen staunenerfülltes Gemurmel zu hören. Aber diesmal blieb es aus: Die Herrschaften waren zu verblüfft, als sie vernahmen, wo er gewesen sei. „Was? Unten? In der Welt? In Prag? Sie?“ Der kaiserliche Leibarzt Flugbeil war erstaunt herumgefahren. „Sie?“ Den beiden anderen blieb der Mund offen. „In der Welt! Unten! In Prag!“ „Da — da haben Sie ja ieber die Brücke missen!“ brachte die Gräfin endlich stockend heraus. „Was denn, wenn sie eingestirzt wäre?!“ „Eingestirzt!! No servus!“ krächzte Baron Elsenwanger und wurde blass. „Unberufen“ — er ging zittrig zur Ofennische, vor der noch aus der Winterszeit her ein Scheit Holz lag, nahm es, spuckte dreimal darauf und warf es in den kalten Kamin — „Unberufen.“ Bošena, das Dienstmädchen, in zerlumpten Kittel, ein Kopftuch um und barfuß, wie es in altmodischen Prager Patrizierhäusern üblich ist, brachte eine prunkvolle Schüssel aus schwerem getriebenem Silber herein. „Aha! Wurstsuppe!“ brummte die Gräfin und ließ befriedigt ihre Lorgnette fallen. — Sie hatte die Finger des Mädchens, die in viel zu weiten, weißen Glacéhands
chuhen staken und in die Brühe hineinhingen, für Würste gehalten. — „Ich bin mit — der Elektrischen gefahren“, stieß der Herr Hofrat gepresst hervor, immer noch voll Aufregung des überstandenen Abenteuers eingedenk. Die anderen wechselten einen Blick: Sie fingen an, seine Worte zu bezweifeln. Nur der Leibarzt zeigte ein steinernes Gesicht. „Ich war vor dreißig Jahren das letzte Mal unten — in Prag!“ stöhnte der Baron Elsenwanger und band sich kopfschüttelnd die Serviette um; die beiden Zipfel standen hinter seinen Ohren hervor und verliehen ihm das Aussehen eines furchtsamen, großen, weißen Hasen. „Damals, als mein Bruder selig in der Teinkirche beigesetzt wurde.“ „Ich war ieberhaupt mein Lebtag noch nicht in Prag“, erklärte Gräfin Zahradka schaudernd. „Das könnt’ mich so haben! — Wo sie meine Vorfahren auf dem Altstädter Ring hingerichtet haben!“ „Nun, das war damals im Dreißigjährigen Krieg, Gnädigste“, suchte sie der Pinguin zu beruhigen. „Das ist schon lange her.“ „Ach was — ich denk’ es noch wie heite. Ieberhaupt die verfluchten Preißen!“ — Die Gräfin starrte geistesabwesend in ihren Suppenteller, befremdet, dass keine Würste darin waren; dann funkelte sie durch ihre Lorgnette über den Tisch, ob die Herren sie ihr vielleicht weggeschnappt hätten. Einen Augenblick lang versank sie in tiefes Nachdenken und murmelte vor sich hin: „Blut, Blut. Wie das herausspritzt, wenn man einem Menschen den Kopf abhaut. — Dass Sie sich nicht gefirchtet haben, Herr Hofrat?!
Was, wenn Sie unten in Prag den Preißen in die Hände gefallen wären?“ fuhr sie laut, zu dem Edlen von Schirnding gewendet, fort. „Den Preißen? — Wir gehen doch jetzt Hand in Hand mit den Preißen!“ „So? Ist der Krieg also endlich aus! No ja, der Windischgrätz, der hat’s ihnen halt wieder amal gegeben.“ „Nein, Gnädigste, wir sind mit die Preißen“ — meldete sich der Pinguin — „will sagen: mit ‘denen’ Preißen — schon seit drei Jahren gegen die Russen verbündet und —“ („Ver— bin—dät!“ — bekräftigte der Baron Elsenwanger. —) „— und kämpfen Schulter an Schulter mit ihnen. — Er ist —“ Er brach höflich ab, als er das ironische, ungläubige Lächeln der Gräfin bemerkte. Das Gespräch stockte, und man hörte eine halbe Stunde lang nur noch das Klappern der Messer und Gabeln oder das leise klatschende Geräusch, wenn Bošena mit ihren nackten Füßen um den Tisch herumging und neue Speisen auftrug. — Baron Elsenwanger wischte sich den Mund: „Herrschaften! Wollen wir jetzt zum Whist —?“ Ein dumpfes, langgezogenes Geheul klang durch die Sommernacht aus dem Garten herauf und schnitt ihm die Rede ab —: „Jesus, Maria — ein Vorzeichen! Der Tod ist im Haus!“ — „Brock! Mistvieh, verflucht’s. Kusch dich!“ hörte man die halblaute Stimme eines Dieners unten im Park schimpfen, als der Pinguin die schweren Atlasvorhänge beiseite geschoben und die Glastür dahinter, die auf die Veranda führte, geöffnet hatte. —
Eine Flut von Mondlicht ergoss sich in das Zimmer, und kühler Luftzug voll Akazienduft machte die Kerzenflammen in den gläsernen Kronleuchtern flackern und schwelen. Auf dem kaum handbreiten Sims der hohen Parkmauer, hinter der ein Dunstmeer aus dem tief unten jenseits der Moldau schlummernden Prag rötlichen Dunst empor zu den Sternen hauchte, schritt langsam und aufrecht ein Mann, die Hände tastend vorgestreckt wie ein Blinder — bald gespenstisch halb verdeckt durch die silhouettenhafte Schlagschatten der Baumäste, dass es schien, als sei er aus glitzerndem Mondlicht geronnen, dann wieder grell beschienen, wie frei schwebend über dem Dunkel. Der kaiserliche Leibarzt Flugbeil traute seinen Augen nicht: Eine Sekunde lang glaubte er, er träume, dann brachte ihn das plötzliche, wütende Aufbellen des Hundes zur Besinnung — er hörte einen gellenden Schrei, sah die Gestalt auf dem Sims schwanken und, wie von einem lautlosen Windstoß weggeweht, verschwinden. Das Prasseln und Brechen von Zweigen und Gebüsch verriet ihm, dass der Mann in den Garten gefallen war. — „Mörder, Einbrecher! — Man muss die Wache holen!“ zeterte der Edle von Schirnding, der auf den Schrei hin mit der Gräfin aufgesprungen und zur Tür geeilt war. Konstantin Elsenwanger hatte sich wimmernd auf die Knie geworfen, das Gesicht in den Sitzpolstern seines Lehnstuhls vergraben, und betete, in den gefalteten Händen noch ein gebratenes Hühnerbein, das Vaterunser. Auf die schrillen Befehle des kaiserlichen Leibarztes, der wie ein riesiger nächtlicher Vogel mit federlosen Flügelstümpfen von der Verandabrüstung hinab in die Finsternis
gestikulierte, kam die Dienerschaft aus dem Portierhäuschen in den Park gelaufen und durchsuchte mit Windlichtern, wild durcheinanderrufend, die dunklen Bosketts. Der Hund schien den Eindringling gestellt zu haben, denn er bellte laut und anhaltend in regelmäßigen Intervallen. „No alsdann, was ist denn, habts den preißischen Kosaken endlich?“ zürnte die Gräfin, die von Anfang an nicht die Spur von Aufregung oder Angst gezeigt hatte, durch ein offenes Fenster hinunter. „Heilige Muttergottes, er hat den Hals gebrochen!“ hörte man das Dienstmädchen Bošena jammernd aufkreischen; dann trugen die Leute den leblosen Körper eines Menschen von dem Fuß der Mauer her in den Lichtschein, den das helle Zimmer hinaus auf den Rasenplatz warf. „Bringt ihn herauf! Rasch! Bevor er verblutet“, befahl die Gräfin kalt und ruhig, ohne auf das Gewinsel des Hausherrn zu achten, der entsetzt dagegen protestierte und verlangte, man solle den Toten über die Mauern den Abhang hinunterwerfen — ehe er wieder lebendig werden könne. „Bringt ihn wenigstens hier hinein ins Bilderzimmer“, flehte Elsenwanger, drängte die Greisin und den Pinguin, der einen der brennenden Armleuchter ergriffen hatte, in den Ahnensaal und verschloss die Tür hinter ihnen. Außer ein paar geschnitzten Stühlen mit hohen vergoldeten Lehnen und einem Tisch standen keinerlei Möbel in dem langgezogenen, gangartigen Raum — der dumpfe morsche Geruch und die Staubschicht auf dem Steinboden verrieten, dass er nie gelüftet wurde und seit langem nicht mehr betreten worden war.
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