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Америка

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Франц Кафка (1883-1924) — австрийский писатель. В романе «Америка» (1914) автор в гротескной и притчеобразной форме показал трагическое бессилие человека в его столкновении с абсурдностью современного мира. Оригинальный текст снабжен постраничными комментариями и словарем.
Кафка, Ф. Америка : книга для чтения на немецком языке : художественная литература / Ф. Кафка. — Санкт-Петербург : КАРО, 2016. — 464 с. — (Moderne Prosa). - ISBN 978-5-9925-1133-8. - Текст : электронный. - URL: https://znanium.com/catalog/product/1048341 (дата обращения: 24.04.2024). – Режим доступа: по подписке.
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УДК 372.8
ББК 81.2 Нем-93
К30

© КАРО, 2007
Все права защищены
ISBN 978-5-9925-1133-8

Кафка, Франц.

К30      Америка : книга для чтения на немецком  языке. —
Санкт-Петербург : КАРО, 2016. — 464 с. — (Moderne
Prosa).

ISBN 978-5-9925-1133-8.

Франц Кафка (1883–1924) — австрийский писатель.
В романе «Америка» (1914) автор в гротескной и притчеобразной форме показал трагическое бессилие человека в его
столкновении с абсурдностью современного мира.
Оригинальный текст снабжен постраничными комментариями и словарем.

УДК 372.8
ББК 81.2Нем-93

Am 11. November 1912 schrieb Franz Kafka
seiner Brieffreundin Felice Bauer:
Die Geschichte, die ich schreibe, und die
allerdings ins Endlose angelegt ist, heißt, um Ihnen einen vorläufigen Begriff zu geben: „Der
Verschollene“.
Im Jahr darauf veröffentlichte er ein Kapitel
daraus als Erzählung: „Der Heizer“. In seinem
Testament bestimmte er, dass sein unvollendet
gebliebener Roman über den Immigranten Karl
Rossmann mit anderen Werken zusammen verbrannt werden sollte. Darüber setzte sich sein
Freund und Nachlassverwalter Max Brod hinweg: Er gab das Fragment 1927 unter dem Titel
„Amerika“ heraus.
Leider bricht der Roman „Amerika“ ab, als
der Protagonist sich von einem Studenten überreden lässt, als Diener bei der tyrannischen Sängerin Brunelda zu bleiben. Das Kapitel über seine Bewerbung beim Theater von Oklahoma sollte möglicherweise den Schluss des Romans bilden. Die Stationen dazwischen fehlen bis auf
zwei Abschnitte ganz.

Max Brod bezeichnete „Amerika“ („Der Verschollene“) zusammen mit „Dem Prozess” und
„Dem Schloss“ als „Trilogie der Einsamkeit“.
Fremdheit, Isoliertheit mitten unter den Menschen sind das Grundthema […] In allen drei Romanen geht es um die Einordnung des Einzelnen
in die menschliche Gemeinschaft […]
(Max Brod: Nachwort zur Erstausgabe des
Romans „Amerika“)

Kafka 
war 
sich 
bewusst 
und 
hob 
es
gesprächsweise öfters hervor, dass dieser Roman
hoffnungsfreudiger und „lichter“ sei als alles,
was er sonst geschrieben hat […] Es gibt Szenen
in diesem Buch […], die unwiderstehlich an
Chaplin-Filme erinnern […]
(Max Brod: Nachwort zur Erstausgabe des
Romans „Amerika“)
Dieter Wunderlich

Der Heizer1

Als der sechzehnjährige Karl Rossmann, der
von seinen armen Eltern nach Amerika geschickt worden war, weil ihn ein Dienstmädchen
verführt und ein Kind von ihm bekommen hatte,
in dem schon langsam gewordenen Schiff in den
Hafen von New York einfuhr, erblickte er die
schon längst beobachtete Statue der Freiheitsgöttin wie in einem plötzlich stärker gewordenen
Sonnenlicht. Ihr Arm mit dem Schwert ragte wie
neuerdings empor, und um ihre Gestalt wehten
die freien Lüfte.
‘So hoch!’ sagte er sich und wurde, wie er so
gar nicht an das Weggehen dachte, von der
immer mehr anschwellenden Menge der Gepäckträger, die an ihm vorüberzogen, allmählich
bis an das Bordgeländer geschoben.
Ein junger Mann, mit dem er während der
Fahrt flüchtig bekannt geworden war, sagte im
Vorübergehen: „Ja, haben Sie denn noch keine
Lust auszusteigen?“

1 Heizer, der — jemand, dessen Beruf es ist, Öfen,
Dampfkessel o.Ä. zu bedienen

AMERIKA

„Ich bin doch fertig“, sagte Karl, ihn anlachend, und hob aus Übermut, und weil er ein
starker Junge war, seinen Koffer auf die Achsel.
Aber wie er über seinen Bekannten hinsah, der
ein wenig seinen Stock schwenkend sich schon
mit den andern entfernte, merkte er bestürzt,
dass er seinen eigenen Regenschirm unten im
Schiff vergessen hatte. Er bat schnell den Bekannten, der nicht sehr beglückt schien, um die
Freundlichkeit, bei seinem Koffer einen Augenblick zu warten, überblickte noch die Situation,
um sich bei der Rückkehr zurechtzufinden, und
eilte davon. Unten fand er zu seinem Bedauern
einen Gang, der seinen Weg sehr verkürzt hätte,
zum erstenmal versperrt, was wahrscheinlich
mit der Ausschiffung sämtlicher Passagiere zusammenhing, und musste Treppen, die einander
immer wieder folgten, durch fortwährend abbiegende Korridore, durch ein leeres Zimmer mit
einem verlassenen Schreibtisch mühselig suchen, bis er sich tatsächlich, da er diesen Weg nur
ein- oder zweimal und immer in größerer Gesellschaft gegangen war, ganz und gar verirrt hatte.
In seiner Ratlosigkeit und da er keinen Menschen
traf und nur immerfort über sich das Scharren der
tausend Menschenfüße hörte und von der Ferne,
wie einen Hauch, das letzte Arbeiten der schon
eingestellten Maschinen merkte, fing er, ohne zu

DER HEIZER

7

überlegen, an eine beliebige kleine Tür zu schlagen an, bei der er in seinem Herumirren stockte.
„Es ist ja offen“, rief es von innen und Karl
öffnete mit ehrlichem Aufatmen die Tür. „Warum
schlagen Sie so verrückt auf die Tür?“ fragte ein
riesiger Mann, kaum dass er nach Karl hinsah.
Durch irgendeine Oberlichtluke fiel ein trübes,
oben im Schiff längst abgebrauchtes Licht in die
klägliche Kabine, in welcher ein Bett, ein Schrank,
ein Sessel und der Mann knapp nebeneinander,
wie eingelagert, standen. „Ich habe mich verirrt“,
sagte Karl, „ich habe es während der Fahrt gar
nicht so bemerkt, aber es ist ein schrecklich großes
Schiff.“ „Ja, da haben Sie recht“, sagte der Mann
mit einigem Stolz und hörte nicht auf, an dem
Schloss eines kleinen Koffers zu hantieren, den er
mit beiden Händen immer wieder zudrückte, um
das Einschnappen des Riegels zu behorchen.
„Aber kommen Sie doch herein!“, sagte der Mann
weiter, „Sie werden doch nicht draußen stehn!“
„Störe ich nicht?“ fragte Karl. „Ach, wie werden
Sie denn stören!“ „Sind Sie ein Deutscher?“
suchte sich Karl noch zu versichern, da er viel
von 
den 
Gefahren 
gehört 
hatte, 
welche
besonders von Irländern den Neuankömmlingen
in Amerika drohen. „Bin ich, bin ich“, sagte der
Mann. Karl zögerte noch. Da fasste unversehens
der Mann die Türklinke und schob mit der Türe,

AMERIKA

die er rasch schloss, Karl zu sich herein. „Ich
kann es nicht leiden, wenn man mir vom Gang
hereinschaut“, sagte der Mann, der wieder an
seinem Koffer arbeitete, „da läuft jeder vorbei
und schaut herein, das soll der Zehnte aushalten!“ „Aber der Gang ist doch ganz leer“, sagte
Karl, der unbehaglich an den Bettpfosten gequetscht dastand. „Ja, jetzt“, sagte der Mann.
‘Es handelt sich doch um jetzt’, dachte Karl, ‘mit
dem Mann ist schwer zu reden.’„Legen Sie sich
doch aufs Bett, da haben Sie mehr Platz“, sagte
der Mann. Karl kroch, so gut es ging, hinein und
lachte dabei laut über den ersten vergeblichen
Versuch, sich hinüberzuschwingen. Kaum war er
aber im Bett, rief er: „Gotteswillen, ich habe ja
ganz meinen Koffer vergessen!“ „Wo ist er denn?“
„Oben auf dem Deck, ein Bekannter gibt acht auf
ihn. Wie heißt er nur?“ Und er zog aus einer Geheimtasche, die ihm seine Mutter für die Reise im
Rockfutter1 angelegt hatte, eine Visitkarte. „Butterbaum, Franz Butterbaum.“ „Haben Sie den
Koffer sehr nötig?“ „Natürlich.“ „Ja, warum haben Sie ihn dann einem fremden Menschen gegeben?“ „Ich hatte meinen Regenschirm unten
vergessen und bin gelaufen, um ihn zu holen,

1 Futter, das — der Stoff auf der Innenseite von
Kleidungsstücken

DER HEIZER

9

wollte aber den Koffer nicht mitschleppen. Dann
habe ich mich auch hier noch verirrt.“ „Sie sind
allein? Ohne Begleitung?“ „Ja, allein.“ ‘Ich sollte
mich vielleicht an diesen Mann halten’, ging es
Karl durch den Kopf, ‘wo finde ich gleich einen
besseren Freund.’ „Und jetzt haben Sie auch
noch den Koffer verloren. Vom Regenschirm
rede ich gar nicht.“ Und der Mann setzte sich
auf den Sessel, als habe Karls Sache jetzt einiges
Interesse für ihn gewonnen. „Ich glaube aber,
der Koffer ist noch nicht verloren.“ „Glauben
macht selig“, sagte der Mann und kratzte sich
kräftig in seinem dunklen, kurzen, dichten Haar,
„auf dem Schiff wechseln mit den Hafenplätzen
auch die Sitten. In Hamburg hätte Ihr Butterbaum den Koffer vielleicht bewacht, hier ist
höchstwahrscheinlich von beiden keine Spur
mehr.“ „Da muss ich aber doch gleich hinaufschaun“, sagte Karl und sah sich um, wie er hinauskommen könnte. „Bleiben Sie nur“, sagte der
Mann und stieß ihn mit einer Hand gegen die
Brust, geradezu rauh, ins Bett zurück. „Warum
denn?“ fragte Karl ärgerlich. „Weil es keinen Sinn
hat“, sagte der Mann, „in einem kleinen Weilchen
gehe ich auch, dann gehen wir zusammen. Entweder ist der Koffer gestohlen, dann ist keine Hilfe, oder der Mann hat ihn stehengelassen, dann
werden wir ihn, bis das Schiff ganz entleert ist,

AMERIKA

desto besser finden. Ebenso auch Ihren Regenschirm.“ „Kennen Sie sich auf dem Schiff aus?“
fragte Karl misstrauisch, und es schien ihm, als
hätte der sonst überzeugende Gedanke, dass auf
dem leeren Schiff seine Sachen am besten zu finden sein würden, einen verborgenen Haken.
„Ich bin doch Schiffsheizer“, sagte der Mann.
„Sie sind Schiffsheizer!“ rief Karl freudig, als
überstiege das alle Erwartungen, und sah, den
Ellbogen aufgestützt, den Mann näher an. „Gerade vor der Kammer, wo ich mit dem Slowaken
geschlafen habe, war eine Luke angebracht,
durch die man in den Maschinenraum sehen
konnte.“ „Ja, dort habe ich gearbeitet“, sagte der
Heizer. „Ich habe mich immer so für Technik interessiert“, sagte Karl, der in einem bestimmten
Gedankengang blieb, „und ich wäre sicher später
Ingenieur geworden, wenn ich nicht nach Amerika hätte fahren müssen.“ „Warum haben Sie
denn fahren müssen?“ „Ach was!“ sagte Karl
und warf die ganze Geschichte mit der Hand
weg. Dabei sah er lächelnd den Heizer an, als
bitte er ihn selbst für das Nichteingestandene
um seine Nachsicht. „Es wird schon einen
Grund haben“, sagte der Heizer, und man wusste
nicht recht, ob er damit die Erzählung dieses
Grundes fordern oder abwehren wollte. „Jetzt
könnte ich auch Heizer werden“, sagte Karl,

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